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Therapie wieder abbrechen?

Verfasst: Di Aug 09, 2005 18:44
von Mondwolf
Hallo ihr Lieben!

Ich mache grade eine ambulante Therapie und es läuft irgendwie nicht gut. Was den Willen zur Veränderung angeht bin ich von Beginn an völlig ambivalent und diese Ambivalenz führt zu ewigen, zermürbenden Kämpfen mit mir selbst, zu ständigem "Leistungsdruck", den ich auch außerhalb der Therapie habe und der eben dafür verantwortlich ist, dass ich mich zu einem Worcaholic entwickelt habe und sich auf meine Symptomatik nicht unbedingt positiv auswirkt.
Ich schaffe es nicht, mich zu überwinden mich auf die nötige Gewichtszunahme einzulassen um die Fressanfälle zu mindern. Die Angst ist zu groß. Ich schaffe es noch nichtmal Struktur in meine Fressanfälle zu bringen. Wir hatten vereinbart, dass ich jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit geplante Fressanfälle "durchführe". Das habe ich nicht geschafft.
Es gäbe auch genügend Handlungsalternativen, wie Spazieren, Malen, Lesen u.s.w. Nur im Moment bin ich so träge, dass ich mich dazu nicht aufrappeln kann. Selbst für die geplanten FA´s bin ich zu träge. Sie treten dennoch ein, aber unkontrolliert.
Schlafen kann ich auch nicht. Einschlafen klappt nicht und nachts werde ich wieder wach und schlafe nicht wieder ein. Morgens kriege ich die Augen nicht auf und nachmittags bin ich schon wieder totmüde. Ohne mein Feierabendbierchen kann ich auch nicht.
Ich bin total erschöpft, es fehlt jegliche Energie. Der Teufelskreis zieht immer engere Kreise. Zu wenig Schlaf -> leicht depressive Verstimmung -> mehr FA`s -> noch mehr Erschöpfung -> Mangelzustände -> Schlafstörung...
..und dennoch oder gerade weil mir die Energie fehlt, schaffe ich es nicht auszubrechen. Mir fehlt irgendwie der Wille. Ich hatte sehr gehofft, gerade durch die Therapie auch an meinem Willen zu arbeiten. Wir haben meinen drei Instanzen Namen gegeben und versucht herauszubekommen, wo ich mich selbst und meinen Willen durch meine Ambivalenz blockiere (Stuhlwechsel). Auf zwei Stühle setze ich mich, bei dem dritten bekomme ich schon Panik, wenn er da nur steht. An die dritte Instanz (Lupus) ist Momentan kein Herankommen. Die Hoffnung scheint sich nicht zu erfüllen und ich habe ein verdammt schlechtes Gewissen. Ich kann es mir nicht recht machen. Zunehmen will ich nicht, aber die Fressanfälle sollen aufhören. Schlafen will ich, aber nicht mehr essen. Die Bulimie besiegen will ich, aber verändern will ich nichts.
Welchen Sinn macht da eine Therapie, wenn der Wille nicht stark genug ist und ich scheinbar "therapieresistent" bin?
Und das tut weh, weil ich leide und selbst merke, wie verschüchtert und blockiert der Lupus (die besagte dritte Instanz, soz. das ES) ist und wie tief seine Verletzungen sind, dass er niemanden seine Wunden begutachten lässt. Wie lange soll es denn dauern, dass das Vertrauen zu meinem Therapeuten groß genug ist, dass auch Lupus seinen Stuhl bekommt? Welche Wege gibt es noch um an so ein verklemmtes Fluchttier wie meinen Lupus zu kommen? Wie könnte man therapeutisch weiterarbeiten? Was hat euch geholfen?
Was erfhoffe ich mir von der Thera? Ganz ehrlich: im Moment bin ich einfach dankbar, dass ich einen wöchentlichen Ankerpunkt habe und einfach eine "Begleitung" da ist. Aber das kann es doch nicht sein. Ich lasse mir nicht so recht helfen und anderen therapieWILLIGEN Betroffenen blockiere ich den Therapieplatz.
Was mache ich denn jetzt? Therapie abbrechen? Die Bulimie weiterleben und mich wieder mit ihr arrangieren? Warten, bis es mir einfach schlecht genug geht und es dann nochmal mit einer Thera versuchen? Ich habe große Angst, dass ich so noch etwa ein halbes Semester überstehe und dann böse auf die Nase falle.

Bitte Hilfe!!
Danke!
Lupus

meine gedanken

Verfasst: Fr Aug 12, 2005 12:30
von viennesse
Hallo Lupus!

lupus, lupi, maskulinum. Du bist doch eine Wölfin?! :wink:

Nichts ganz einfach deine Situation, aber du wirst sie meistern. Also meiner Meinung nach kannst du diese Therapie ruhig beenden. Du hast dich doch eh schon entscheiden! Du bist skeptisch, ohne Vertrauen und überzeugt davon, dass es dich nicht weiterbringt. Also wozu dir das noch antun? Wenn du auf dem richtigen Weg wärst, würdest du nicht zweifeln, dann wärst du voller Zuversicht.

Ich bin aber trotzdem der Meinung, dass du weiterarbeiten solltest. Nur eben anders! Es ist sehr wichtig, die eigenen Probleme aufzuarbeiten, ganz einfach deshalb, weil dich nur das zum Auslöser und zur Ursache deiner Krankheit führt. Überdenke deine Lebenseinstellung, ändere das, was dir nicht gefällt, such dir vielleicht einen neuen Therapeuten, überlege eine andere Art der Therapie, es gibt so viele Möglichkeiten!

Therapieresistent gibt es nicht. Du hast nur noch nicht die geeignete Form für dich gefunden. Wenn du bereit bist, an dir zu arbeiten und Veränderungen zuzulassen, dann schaffst du auch den Weg raus. Wichtig ist, dass du DEINEN Weg finden musst. Ich habe zum Beispiel lange neun Jahre gegen die Symptomatik angekämpft, versucht dem Drang zu essen und zu kotzen zu widerstehen, versucht mich an Essenspläne, Essenszeiten, Regeln und Strukturen zu halten, weil das ja von Experten empfohlen wird. Es war ein ewiger Kampf und ich habe verloren. Es war nicht der richtige Weg für mich. Erst als ich begonnen habe, auf mein Gefühl zu hören, meine Wünsche zu äußern und meine Bedürfnisse auszuleben, hat sich alles verändert! Ich habe mit Hilfe einer alternativen Therapieform herausgefunden, dass die Bulimie lediglich ein Ausdruck meiner nicht ausgelebten Gefühle war, die ich aufgrund meiner Erfahrung, Elternhaus, Kindheit, etc. nicht ausleben konnte. Als ich das begriffen habe und mich dementsprechend geändert habe, ist die Bulimie - lediglich eine Folgeerscheinung meiner chaotishen Gefühlswelt - verschwunden. Ohne Kampf, ohne großes Zutun. Ich weiß, dass es trotzdem noch ein langer Weg bis zum Gesund sein ist, dass ich alte Verhaltensmuster ablegen muss, aber ich weiß auch, ich schaffe es, denn der Weg passt.

Kämpfe nicht gegen die Symptome, da kannst du nur kurzfristige Erfolge erzielen. Arbeite an dir selbst, an deiner Einstellung, an deinen Wünschen, an deinen Bedürfnissen. Das andere kommt dann von allein. Wenn diese Therapie nicht die richtige für dich ist, beende sie! Es ist nicht deins! Such dir neue Wege! Höre nicht auf andere, höre auf dich. Und dein Gefühl sagt dir, es passt nicht, es bringt dich nicht weiter! Höre nicht auf die Kritik anderer, niemand kann über dich richten und für dich entscheiden. Nur weil du diese Therapie beendest, gibst du nicht auf, du änderst nur deine Richtung, um ans Ziel zu kommen. Stelle nicht die Therapie oder die Hilfe von außen in Frage, denn ohne ist es sehr, sehr schwer zu schaffen, such dir nur eine andere Möglichkeit!

Du bist sehr intelligent und rational, du vertraust deinen Gedanken. Wieso nicht auch mal deinen Gefühlen?

Ich wünsche dir alles, alles Gute und ich bin überzeugt, dass du die richtige Entscheidung für dich treffen wirst! Glaub' an dich, ich tu's auch! :)

Alles Liebe, viennesse

Verfasst: Fr Aug 12, 2005 18:12
von Mondwolf
Hmmm...danke für den lieben Zuspruch!

Weißt Du, eigentlich bin ich mit meinem Therapeuten sehr glücklich. Er ist sehr bemüht, mir auf den richtigen Weg zu helfen und auch bereit verschiedene Dinge zu probieren. Nur, ich will eben nicht so richtig - oder die Angst ist größer als der Wille zur Veränderung.
Ich weiß, dass bei vielen die Veränderungen von ganz allein einsetzen, wenn sie an ihrer Persönlichkeit, ihrer Vergangenheit und ihren Wünschen gearbeitet haben und sozusagen Aha-Erlebnisse hatten.
Das Problem ist auch nicht, dass ich nicht wüßte, wo die Wurzeln und Ursachen der Bulimie liegen. Das weiß ich. Aber es hat sich durch dieses Wissen nichts verändert. Die Angst ist geblieben.

Ich habe mir die Tage zwei Bücher bestellt, die hier auch schon mehrmals empfohlen worden sind: "Zucker und Bulimie" und "Bulimie besiegen".
Ich habe darin herumgelesen und habe überlegt, ob es für mich sinnvoll sein könnte, einen Schritt zurückzugehen und mich vorerst auf die reine Beobachtung zu beschränken. Vielleicht verhilft mir die Beobachtung zu einer besseren Wahrnhemung meiner Wünsche und Gefühle.
Aktiv zu verändern, dazu bin ich noch nicht bereit. Ich bin einfach noch nicht so weit. Ich kann es noch nicht, da fehlt irgendwas.

Daüber sollte ich mit meinem Therapeuten nächste Woche dringend sprechen. Wie es weitergehen soll und ob die Beobachtung vorerst mein Weg sein könnte.

Danke für die Motivation - jetzt schaut es nicht mehr ganz so finster aus.
Lieben Gruß

Lupus androgynum

Verfasst: Sa Aug 27, 2005 23:57
von viennesse
Hallo Lupus!

Wie funktioniert es mit dem Beobachten? Bist du schon zu neuen Erkenntnissen gelangt? Ich kann mir gut vorstellen, dass das vorerst ein guter Weg für dich ist. Den Kampf gegen die Symptomatik, den du derzeit führst, kannst du nicht gewinnen, der ist aussichtslos. Das Erkennen der wahren Probleme wird dich zum Ziel führen. Also beobachte und fühle(!) weiter.

Vielleicht wird dir dann auch klar, auf welcher Seite du wirklich stehst, liebe(r) Lupus. :wink:

Sei vor allem nicht so ungeduldig. Der Weg zum Gesund werden ist ein langer und beschwerlicher. Arbeite aktiv daran, d.h. heißt auch, dass du kleine Rückschritte in Kauf nehmen kannst, den schlussendlich bringen sie dich dafür zwei oder drei Schritte weiter. Wenn du mit deinem Therapeuten glücklich bist und ihn schätzt - so wie du sagst - dann wage es doch, dich mehr auf ihn einzulassen. Vertraue ihm und stell ihn nicht ihn Frage. Das blockiert nur die Therapie und deinen Fortschritt.

Ich persönlich kann dir nur immer wieder einen Rat geben: Vertraue deinem Gefühl! Es zeigt dir den richtigen Weg.

Ich wünsche dir den nächsten erfolgreichen Schritt in Richtung Gesundheit! Alles Liebe, viennesse

Verfasst: So Aug 28, 2005 15:18
von Mondwolf
Liebe Vienesse!

Danke für den Zuspruch - ich bin auch wieder ganz guten Mutes.
Ich versuche genauer zu beobachten und schreibe Tagesprotokolle, in denen ich festhalte, wann ich besonders unruhig bin und warum ich so unruhig bin.
Zwar keine neue Erkenntnis, aber diesmal war´s ein kleines Schlüsselerlebnis. Es bahnte sich ein FA an und ich merkte, dass irgendwas fehlte, damit ich ruhiger bin. Nachdem ich mir in meiner Vorstellung sämtliche Lebensmittel angeboten habe stellte ich recht schnell fest, dass es nichts Essbares war, was fehlte. Klingt banal, wird mir aber in Zukunft helfen FA´s zu verhindern.

Was häufig fehlt sind zum einen soziale Kontakte, zum anderen werde ich erst ruhig, wenn ich keine To-Do-Liste im Kopf habe, alles erledigt und ordentlich ist. Die To-Do-Liste kann ich nicht beseitigen, es gibt immer etwas, was man theoretisch zu tun hätte. Also versuchen wir nun "Chaos-Training" - Unordnung entstehen lassen, nicht beseitigen und das Chaos dann aushalten.

Und wir wissen nun eines: es sollte zunächst in erster Linie darum gehen, dass ich ruhiger werde und dafür sorgen, dass ich nicht ständig das Gefühl habe, dass mir irgendetwas fehlt. Ich denke, dass ist eine gute Richtung.

Auch eine Schnecke erreicht irgendwann die gegenüberliegende Straßenseite ;)

lieben Gruß
Lupus